Und hier kommt noch mein Beitrag. (:
Ich hab gerade bei der letzten Überprüfung bemerkt, dass ich leider ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen bin (hatte irgendwie immer auf die Zeichenanzahl - 9200 - geachtet und überdies eine Null überlesen ._.), aber weil es jetzt zu spät ist, um noch viel zu kürzen und ich auch nicht wüsste was, poste ich meine kleine Geschichte trotzdem mal - ich weiß nicht, wie dehnbar euer "Rahmen" von 1000 Wörtern ist (ich hab so um die 1400), verstehe aber natürlich, wenn euch mein Text zu lang ist. (:
Ich hoffe, ihr habt trotzdem ein bisschen Freude beim Lesen - immerhin hatte ich sie beim Schreiben. :3
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Ich habe lange darüber nachgedacht, was ein passender Beginn für meine Weihnachtsgeschichte sein könnte. In meinem Kopf schwirrten viele mehr oder minder klischeehafte erste Sätze hin und her – von „es begab sich aber zu der Zeit“ bis hin zu „in einer kalten Nacht im Dezember“ war so ziemlich alles dabei. Aber all diese Sätze versprechen etwas, was ich euch nicht zeigen, nicht beschreiben und nicht erzählen kann – sie verheißen etwas außergewöhnliches; vielleicht sogar ein kleines Weihnachtswunder.
Ich habe für euch kein Wunder, keine Geschichte, die euch zum Weinen bringen wird – ich habe nur etwas ganz gewöhnliches, eine winzig kleine Erinnerung, so unscheinbar, dass sie vor dem hell strahlenden Licht unserer immer sensationeller werdenden Welt vielleicht vollkommen verblasst, ganz so, als wäre meine Geschichte eine Kerze in einem Raum voller Neonröhren: Ich habe für euch ein ganz gewöhnliches Weihnachten, wie es Jahr für Jahr tausende Male gefeiert wird. Ich habe für euch ein Weihnachten meiner Kindheit.
Als meine jüngere Schwester und ich noch kleiner waren, war der 24. Dezember für uns etwas magisches – man stand Morgens auf, voller Vorfreude; und das Gefühl war fast noch besser als am Geburtstag. Diese Aufregung wollte den ganzen Tag über nicht verschwinden, und die Stunden bis zum Abend drohten ewig lang zu werden. Wenn wir die Treppe nach unten gingen, dann sah alles noch genauso aus, wie an allen anderen Tagen im Advent vorher – auf dem Tisch natürlich der Adventskranz, an einer Wand unsere Adventskalender (die wir natürlich sofort öffnen mussten, noch bevor wir überhaupt ans Frühstück denken konnten!), an den Fenstern die Deko, die unsere Eltern mit unserer (mehr oder weniger tatkräftigen) Unterstützung gebastelt hatten und auf unserem großen Esstisch fast immer ein Teller mit Plätzchen. Für weihnachtliche Stimmung war also gesorgt – aber irgendetwas fehlte da doch? Genau – zu einem ganz gewöhnlichen Weihnachten gehört natürlich auch ein wunderschön geschmückter Baum! Vielleicht war es das, was dieses Fest für meine Schwester und mich erst so geheimnisvoll machte – den Baum sahen wir nämlich erst am Abend.
Nach dem Frühstück standen wir immer schon ungeduldig an der Tür, und mein Vater schien Minute um Minute zu brauchen, um seinen Kaffee zu trinken, sein Brot (auch im Winter immer mit selbstgemachter Erdbeermarmelade!) zu essen und schließlich seine Schuhe anzuziehen. Wenn er nach seinem Autoschlüssel kramte, wurden wir immer und immer ungeduldiger, und bis er ihn gefunden hatte, dauerte und dauerte es. Meist hatte eine von uns beiden irgendetwas oben liegen gelassen, und die andere bedachte die Trödlerin regelmäßig mit dem tödlichsten Blick zu dem wir als Kinder fähig waren – was, so rückblickend betrachtet, vermutlich nicht besonders gefährlich gewesen sein konnte. Und dann – dann konnte es endlich losgehen!
Ich hatte schon erwähnt, dass wir den geschmückten Weihnachtsbaum erst Abends sahen – aber natürlich mussten unsere Eltern den Baum irgendwann holen und ihn mit Kerzen, Kugeln und allem erdenklich anderen bestücken; und wir blieben während der Zeit natürlich nicht still und brav in unseren Zimmern. Wir waren bei unseren Großeltern; und das ist für mich noch immer das schönste Weihnachtsritual, obwohl ich mittlerweile natürlich schon oft den Baum selbst geschmückt habe.
Die Weihnachtstage bei meiner Oma und meinem Opa waren immer toll – wir backten meistens Omas großartige Haselnussplätzchen, die entweder mit einer Haselnuss in der Mitte (meine Favoriten) oder mit Hagelzucker (die verschwanden ganz schnell im Mund meiner Schwester) dekoriert wurden und nie die Zeit hatten, ganz auszukühlen. Dann spielten wir – Vier gewinnt, was fast immer ich gewann oder ein Spiel, das mein Opa aus Holz gebaut hatte und in dem wirklich jedes Mal meine Schwester als Siegerin hervorging – sangen Weihnachtslieder und hörten – was ich ganz besonders mochte – Geschichten, die meine Oma uns aus einem Buch vorlas, das uns – obwohl zumindest ich immer Bücher geliebt hatte und wirklich nicht wenige gelesen hatte – wie das dickste und größte aller Bücher vorkam, die es überhaupt geben konnte. Im letzten Jahr fand ich es durch Zufall in irgendeiner Kiste – und es war kaum größer als ein ganz gewöhnliches Taschenbuch.
Jedes Jahr überlegten unsere Großeltern sich etwas anderes, um uns die Wartezeit möglichst kurz zu halten – ich erinnere mich an ein Jahr, in dem wir mit meinem Opa in seiner Werkstatt waren. Mein Opa baute – und baut auch immer noch – die schönsten Sachen aus Holz – ein Puppenhaus für meine Mutter, als sie noch ein Kind war und mit dem auch meine Schwester und ich liebend gerne spielten, Vogelhäuschen, eine Kutsche, gezogen von hölzernen Pferdchen und Kisten, die uns immer vorkamen, als könnte in ihnen genauso gut ein Piratenschatz (vielleicht der aus dem Pippi Langstrumpf-Film, den wir so mochten!) verborgen sein – und in diesem Jahr hatte er uns Reste von Holz besorgt. Darauf zeichneten wir Figuren, die mein Großvater dann pflichtbewusst mit seiner Säge ausschnitt, und die wir bemalen konnten, sobald wir sie mit Schmirgelpapier glattgerieben hatten. Ich schätze, am Ende sahen sie etwas wunderlich aus – aber für meine Schwester und mich waren sie die schönsten Holzspielzeuge, die wir uns vorstellen konnten.
Mittags gab es immer irgendetwas leckeres, das meine Oma mit meiner kochbegeisterten Schwester in der Küche zauberte, während ich irgendwie auch froh war, mich ein bisschen in meinen Büchern verlieren zu können. Nachmittags gingen wir spazieren, machten Schneeballschlachten im winzigen Garten und schauten irgendwann vielleicht einen Film, wenn die Zeit trotz aller Mühen viel zu langsam verging.
Sobald es dunkel wurde, konnten wir es kaum erwarten, loszufahren – immerhin wartete Zuhause nicht nur ein Weihnachtsbaum, sondern auch Geschenke! Auf der Autofahrt von der Stadt meiner Großeltern bis zu unserer Heimatstadt, schauten wir in jedes Fenster jeder Wohnung, die wir sehen konnten, und freuten uns über die wunderschönen Bäume, die uns von dort entgegen glitzerten – voller Verheißung auf die Tanne, die bei uns schon wartete. Wir malten uns aus, in welchen Farben unser Baum wohl dieses Jahr geschmückt sein würde, und meiner Oma machte es den größten Spaß, sich an unseren Mutmaßungen zu beteiligen – immerhin wusste auch sie nicht, was sie erwartete!
Bevor wir aber endlich, endlich unsere Tanne sehen konnten, wartete da noch der eine Brauch, den wir immer am wenigsten mochten – der immer ewig lang erscheinende Gottesdienst. Meine Eltern waren nie besonders religiös; aber an Weihnachten gehörte das trotzdem irgendwie immer mit dazu; und obwohl wir nie wirklich begeistert waren, wollten wir doch auch nicht darauf verzichten – denn hatten wir den Gottesdienst mit den schönen Liedern erst einmal hinter uns gebracht, war der Nachhauseweg nur noch ganz kurz – und dann waren da endlich unsere Geschenke, der Baum und das Essen.
Meine Eltern fuhren in ihrem Auto immer vor, damit sie die Kerzen am Baum anzünden konnten, und meine Großeltern gaben sich wirklich große Mühe, ein bisschen zu trödeln, um ihnen diese Zeit zu geben, ohne dass es uns wirklich auffiel. Das gelang ihnen meistens besser, als man vielleicht erwarten würde – und nach dem Tag, an dem wir nur darauf gewartet hatten, endlich unseren Weihnachtsbaum in voller Pracht bewundern zu können, war es immer der allerschönste Augenblick, in unser Haus zu kommen, wo man ihn sehen und erschnuppern konnte.
Natürlich war unser Fest nicht perfekt; natürlich stritten meine Schwester und ich uns über Kleinigkeiten, natürlich verbrannten die Plätzchen manchmal im Ofen. Aber all das spielte keine Rolle, nicht für uns, und obwohl das jetzt womöglich kitschig und viel zu klischeehaft klingt. Denn egal, was in unseren Geschenken war, egal, was es zu essen gab – der Moment, in dem wir unseren Weihnachtsbaum sahen - das war der Moment, der für mich immer Weihnachten bedeutete.
Ich habe für euch keine bessere Geschichte, kein Weihnachtswunder, von dem ich euch erzählen könnte. Ich habe keine romantische Liebesgeschichte, weil meine vielleicht gerade erst beginnt und ich habe nichts außergewöhnliches.
Ich habe nur eine Erinnerung für euch, an ein Weihnachten, wie es tausende von Malen in jedem Jahr gefeiert wird.
Aber vielleicht ist es genau das, was Weihnachten ausmacht. Keine Sensationen. Keine Wunder. Keine außergewöhnlichen Geschichten.
Einfach nur mit denen zusammen zu sein, die man liebt. Einfach nur etwas ganz gewöhnliches, das an diesem einen Tag im Jahr endlich großartig und außergewöhnlich sein darf – und vielleicht ist das mein ganz persönliches Weihnachtswunder: Dass die Welt am 24. Dezember für mich wieder zu dem geheimnisvollen Ort wird, der sie in meiner Kindheit war. Dass ich mich mit knapp zwanzig immer noch über jeden Weihnachtsbaum freue, den ich aus dem Autofenster sehe, weil er mich daran erinnert, wie wir als Kinder staunten.
Dieses Jahr werden meine Schwester und ich wieder bei unseren Großeltern sein; und ich wünsche mir nichts weiter, als dass es noch ein einziges Mal so sein kann, wie es vor zehn oder fünfzehn Jahren war – ganz normal und doch irgendwie wunderschön.